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Aktuelle Gerichtsentscheide im Bau- & Immobilienrecht
14. Oktober 2024 |
Datenschutz im Mietrecht - drei neue Entscheide des Bundesgerichts
In zwei neueren Entscheiden des Bundesgerichts ging es materiell um die Prüfung der Zulässigkeit einseitiger Vertragsänderungen nach Art. 269 d OR (i.V.m. Art. 271a OR) bezüglich Vermietungskriterien gestützt auf die neue Verordnung über die Grundsätze der Vermietung von städtischen Wohnungen. Das Bundesgericht kam anders als die Vorinstanz zur Auffassung, dass für die Einführung der von der Stadt Zürich formulierten Kriterien zur Vermietung ihrer Wohnung sachliche und plausible Gründe bestünden. Es handelt sich um mit öffentlichen Mitteln verbilligte Wohneinheiten der öffentlichen Hand, die an Mietende in wirtschaftlich weniger günstigen Verhältnissen vermietet werden sollen, wobei die Vermieterin insofern auch eine soziale Verantwortung wahrnehme. Damit sei keine missbräuchlichen Vertragsanpassung erfolgt.
Daneben ging es um die in den strittigen Mietvertrag gestützt auf die vorerwähnte Verordnung neu eingeführten Informations- und Auskunftspflichten bzw. Auskunftsermächtigungen. Die Vorinstanz wendetet auf das Mietverhältnis die Datenschutzgesetzgebung des Bundes (und nicht kantonales Datenschutzrecht) an, da die Stadt Zürich privatrechtlich handle und mit der Vermietung am wirtschaftlichen Wettbewerb teilnehme. Das Einholen von Auskünften beim Personenmeldeamt, dem Steueramt und weiteren Behörden stelle eine Datenbeschaffung und -bearbeitung im Sinne des eidgenössischen Datenschutzgesetzes (DSG; SR 235.1) dar, welche aus verschiedenen Gründen widerrechtlich sei. Das Bundesgericht liess offen, ob auf das Vertragsverhältnis kantonales Datenschutzrecht hätte angewendet werden müssen. Es befand die auf das DSG gestützte Datenbeschaffung und -bearbeitung als rechtens. Die Datenbearbeitung sei im unmittelbaren Zusammenhang mit der Vertragsabwicklung erforderlich und liege daher im überwiegenden Interesse der Beschwerdeführerin, was einen Rechtfertigungsgrund im Sinne von Art. 31 Abs. 2 lit. a DSG darstelle, selbst wenn die Mieterin der Datenbearbeitung widersprochen habe
(vgl. BGer 4A_105/2024 vom 19. August 2024 und BGer 4A_82/2024 vom 19. August 2024; NG230011)
In einem weiteren Entscheid des Obergerichts des Kantons Zürich vom 5. März 2024 (NG230016) ging es um die Frage, ob es sich bei der Klage eines Mieters auf Durchsetzung des Auskunftsrechts nach Art. 8 i.V.m. Art. 15 DSG gegen die Vermieterin um eine Streitigkeit aus einem Mietverhältnis im Sinne von § 21 Abs. 1 lit. a GOG handelt, für welche das Mietgericht sachlich zuständig ist. Inhaltlich ging es um ein den klagenden Mieter inkriminierendes Dossier aus einem von seinem Mitmieter gegen ihn eingeleiteten und in Zusammenhang mit dem Mietverhältnis stehenden Verfahren.
Das Obergericht kam zur Auffassung (E. 3.4), dass es im Mietrecht (anders als z.B. im Arbeitsrecht) keine besondere Bestimmung über die Bearbeitung von Personendaten einer mietenden Partei durch die vermietende Partei gebe. Somit bestehe keine Bestimmung, die einen (materiell-rechtlichen) Datenauskunftsanspruch als Wirkung des Abschlusses eines Mietvertrags vorsehe, und die Klage des Mieters stelle keine Vertragsklage dar.
Daraus qualifiziert das Gericht die Streitigkeit nicht als solche aus einem Mietverhältnis im Sinne von § 21 Abs. 1 lit. a GOG und bestätigt den Nichteintretensentscheid des Mietgerichts.
Entscheidkommentar von:
Sophie Dorschner, Partnerin / Rechtsanwältin
Fachanwältin SAV Bau- und Immobilienrecht, Mediatorin SAV und Collaborative Lawyer (clp Schweiz)
18. Januar 2022 |
Bauhandwerkerpfandrecht des Totalunternehmers – geht das ?
Dieser Entscheid bietet die Gelegenheit, einige Knackpunkte beim Bauhandwerkerpfandrecht in Erinnerung zu rufen und Lehren für die Praxis zu ziehen…
Urteil Obergericht Kanton Zürich, II. Zivilkammer, vom 8.10.2021 (LF210035, nicht rechtskräftig, vgl. ZR 120/2021 S. 278)
Zunächst bejaht das Gericht die Eingangsfrage: ein Bauhandwerkerpfandrecht kann gemäss Art. 837 Abs. 1 Ziff. 3 i.V.m. Art. 839 Abs. 1 ZGB auch ein «klassischer Totalunternehmer» für Bauleistungen eintragen lassen, der diese nicht selbst ausgeführt, sondern vollständig an Subunternehmer untervergeben hat (Erw. 4.3.5/6 und 4.4).
Im Prinzip besteht der Anspruch des Total- bzw. Hauptunternehmers also unabhängig von denjenigen der Subunternehmer. Werden allerdings mehrere Pfandrechte in Konkurrenz zueinander für dieselben Bauarbeiten angemeldet, hält das Gericht eine gewisse Koordination als unumgänglich: Nach dem «Mehrwertprinzip» sei es nicht zulässig, Vergütungsforderungen mehrerer Unternehmer für dieselbe Bauleistung kumulativ durch mehrere Grundpfandrechte – und damit den durch die Bauarbeiten geschaffene Mehrwert des Grundstücks – mehrfach zu sichern. Im Endeffekt würde dies doch in der Zwangsverwertung darauf hinauslaufen, dass der Bodenwert ungebührend inanspruchgenommen werde. Wie die verschiedenen Pfandansprachen konkret zu koordinieren sind, konnte das Gericht hier mangels Geltendmachung offenlassen. Immerhin merkte es (unter Hinweis auf die Lehrmeinung von Rainer Schumacher) an, dass die Vergütungsforderungen der Subunternehmer «tiefster» Stufe (durch Reduktion der Pfandsumme von in der Vertragskette höherstufiger Unternehmer) den Vorrang haben müssen. Letztere würden gar keinen Nachteil erleiden, wenn der tieferstufige Subunternehmer bei Verwertung durch den Pfanderlös im Umfang der vom höherstufigen Unternehmer geschuldeten Vergütung befriedigt und damit der höherstufige Unternehmer von der Vergütungsschuld entlastet werde.
Dass bereits die vertragliche Verpflichtung (des Totalunternehmers) als solche zur Pfandberechtigung qualifiziert und eine tatsächliche Verrichtung der geschuldeten pfandberechtigten Bauleistungen (Vertragserfüllung) nicht erforderlich ist, folge, so das Obergericht, bereits aus Art. 839 Abs. 1 ZGB («Das Pfandrecht der Handwerker und Unternehmer kann von dem Zeitpunkte an, da sie sich zur Arbeitsleistung verpflichtet haben, in das Grundbuch eingetragen werden.», vgl. Erw. 4.3.4). Das Obergericht stellt in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf BGE 134 III 147 E. 4.3 aber auch klar, dass umgekehrt unter bestimmten Voraussetzungen ein bestehendes Vertragsverhältnis zwischen dem das Pfandrecht beanspruchenden (Sub-Sub-)Unternehmer und dem Vergütungsschuldner (Haupt- bzw. Sub-Unternehmer) nicht erforderlich sei, solange ersterer tatsächlich pfandberechtigende Arbeiten auf dem Baugrundstück erbracht habe.
Schliesslich ruft das Obergericht zum Thema «pfandberechtigte Arbeiten» die etablierte Rechtsprechung in Erinnerung, wonach unter bestimmten Voraussetzungen alle Leistungen und Lieferungen, die ein Unternehmer in einer «funktionalen Einheit» erbringe, in ihrer Gesamtheit pfandgeschützt seien, selbst wenn das für einzelne Leistungen für sich selbst betrachtet nicht gelte (wie z.B. für separate Transportleistungen oder rein intellektuelle Leistungen von Planern, vgl. Erw. 4.3.1/2).
In diesem Zusammenhang lohnt es sich, das Augenmerk auf die Erkenntnisse aus einem früheren Entscheid zu richten (thematisiert im Rahmen unserer Webinar-Reihe: Bauhandwerker-Pfandrecht - Grundlagen Praxistipps und Fallbeispiele aus der aktuellen Gerichtspraxis).
Urteil Obergericht Zürich vom 9.4.2020, LF200010 (PDF)
Um zu beurteilen, ob pfandberechtigte Arbeiten vorliegen und damit zusammenhängend, wann die Eintragungsfrist beginnt, kann ein mehrstufiges Vorgehen angewandt werden.
Erste Stufe: Art der Leistung
Zunächst fragt sich: Was wurde geleistet? Wenn es nicht ohnehin und klarerweise Arbeitsleistungen waren – Was wurde geliefert?
Im konkreten Fall ging es um gestaffelte Lieferungen von Frischbeton, Überzug und Mörtel.
Materiallieferungen allein berechtigen im Grundsatz nicht zur Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts. Anders sieht es aus, wenn ein Produkt speziell für einen bestimmten Bau angefertigt wurde. Ein häufiger Anwendungsfall ist Frischbeton, der eigens für den betreffenden Bau hergestellt wurde und anderweitig nicht mehr einsetzbar ist. Hier ist in der Regel von einem unvertretbaren und damit pfandberechtigten Produkt auszugehen. Auch nebensächliche Transportkosten, die für sich per se nicht pfandberechtigt wären, sind in solchen Fällen mitpfandberechtigt. Wie verhält es sich aber mit den weiteren Lieferungen, Überzug und Mörtel? Bei der Mörtel-Lieferung gingen die Parteien unstrittig von einer vertretbaren und damit nicht pfandberechtigten Lieferung aus. Auch beim Überzug konnte der Unternehmer die im Summarverfahren erforderlichen Belege nicht vorlegen, weshalb es sich um ein spezifisch für diese Baustelle hergestelltes und nur kurzzeitig und damit nicht anderweitig einsetzbares Produkt handeln solle.
Zweite Stufe: Mitpfandberechtigte Leistungen
In einer zweiten Stufe ist zu prüfen, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen diese, für sich alleine betrachtet nicht pfandberechtigte Leistungen doch mitpfandberechtigt sein können. Dies ist gemäss Bundesgerichtspraxis der Fall, wenn
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eine funktionale Einheit besteht. Dies ist gemäss dem Bundesgericht dann der Fall, wenn die Leistungen vom selben Unternehmer erbracht und derart verknüpft sind, dass sie ein einheitliches Ganzes bilden, d.h. wenn nichts Abweichendes vereinbart worden oder die Ausscheidung der pfandberechtigten und der nicht pfandberechtigten Leistungen unterblieben ist, BGE 136 III 6 E. 5.3; BGE 103 II 33 E. 4 – dies ist gemäss Bundesgericht z.B. auch bei Lieferung von Beton, Sand, Sichergeröll und Abbruchgranulat sowie Abtransport von Bauschutt der Fall, und gilt auch für reine Transportkosten von pfandberechtigten Baumaterialien, stellen sie doch lediglich eine Modalität der vertraglichen Pflicht dar oder
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die Materiallieferung nur eine unbedeutende Nebenleistung bzw. nebensächliche Leistung einer anderen pfandberechtigten Leistung darstellt. In diesem Zusammenhang prüfte das Gericht vorliegend insbesondere das prozentuale Kostenverhältnis der pfandberechtigten Lieferung (Beton) zum nichtpfandberechtigten Mörtel bzw. Überzug und kam bei 65% zu 35% zur Auffassung, dass es sich damit nicht mehr um eine unbedeutende Menge handelt.
Dritte Stufe: Fristenlauf
Unter den genannten Voraussetzungen ist grundsätzlich von einem einheitlichen Fristenlauf auszugehen.
Beim Überzug war dies vorliegend nicht der Fall, was schlussendlich zur Verneinung der Einhaltung der viermonatigen Verwirkungsfrist führte.
Lehren für die Praxis:
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Die Frist, innert welcher ein Bauhandwerkerpfandrecht vorgemerkt sein muss, berechnet sich seit der letzten Teilleistung, welche für sich allein betrachtet zu einem Pfandrecht berechtigen würde. Spätere Teilleistungen, die für sich allein betrachtet nicht zu einem Pfandrecht berechtigen würden, werden bei der Fristenberechnung nicht berücksichtigt.
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Bereits bei der ersten Eingabe, mit welcher die vorsorgliche Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts verlangt wird, ist überzeugend darzulegen, dass und aus welchen Gründen die entsprechende Leistung pfandberechtigt sei. Das ist insbesondere bei Materiallieferungen und Dienstleistungen zu beachten. Bleibt man hier zu summarisch, so lässt sich dies oft nicht mehr retten.
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Dasselbe gilt, wenn für eine Gruppe von Leistungen ein funktionaler Zusammenhang geltend gemacht wird. Auch hier ist darauf zu achten, dass dies bereits in der ersten Eingabe zumindest glaubhaft und damit überzeugend dargelegt wird.
Achtung!
Die Eintragungsfrist beginnt dann zwar mit der letzten Vollendungsarbeit, auslösen kann diese allerdings nur die Vollendung einer pfandberechtigten Leistung!
Entscheidkommentar von:
Sophie Dorschner, Partnerin / Rechtsanwältin
Fachanwältin SAV Bau- und Immobilienrecht, Mediatorin SAV und Collaborative Lawyer (clp Schweiz)